Direkt zu den Fotos
Heute geht es nach Philippi, einer Ausgrabungsstätte in der Nähe von Kavalla. Wir haben lange überlegt, ob wir den Tag auf Thassos verbringen sollen, haben uns aber dann entschieden, Thassos später mal ein paar Tage lang in Ruhe zu erkunden, anstatt nur einen einzigen Tag über die Insel zu hetzen. Also auf nach Philippi!
Das Navi schickt uns erst mal über gut ausgebaute Landstraßen und nach einer Weile auf komische kleine Feldwege... Wir wundern uns, dass die Ausgrabungsstätte so schlecht ausgeschildert ist, bis wir auf einem nichtssagenden Dorfplatz vor einer nichtssagenden Kirche in einem nichtssagenden Dorf landen und das Navi steif und fest behauptet, am Ziel zu sein... Also noch mal eingeben, diesmal mit der Ergänzung "Archäologisches Museum Philippi".... Die ganzen Feldwege zurück bis zur Hauptstraße und siehe da: Irgendwann kommen jetzt auch braune Schilder, die uns den richtigen Weg weisen! 15 Minuten später stehen wir im richtigen Philippi und sichern uns den einzigen Schattenparkplatz weit und breit - haha... kleiner Running-Gag zwischen Lutz und mir: Hier gibt es NIE irgenwo Schattenparkplätze!
Also die Kamera geschultert und los geht's: Zuerst mal betritt man durch einen schönen Torbogen das toll erhaltene Amphitheater, das leider grade von einer vierköpfigen kleinen Reisegruppe samt Guide besichtigt wird. Lutz sucht ganz schnell das Weite, weil er die durchdringende Stimme des Reiseleiters nicht ertragen kann, aber ich halte noch ein bisschen durch in der Hoffnung, dass sie bald weiterziehen. Ein Mitglied der Gruppe hat nämlich eine neonblaue Jacke an und einer meiner Foto-Grundsätze lautet: Mache NIE NIE NIE ein Foto, wenn Jemand mit Neonkleidung darauf sein könnte! Die Folge ist nämlich, dass man beim Bilder-Gucken immer wieder gezwungen ist, auf diesen komischen Fleck da mit den Signalfarben zu starren!... Nach 5 Minuten gebe auch ich auf - der Reisleiter erklärt und erklärt und erklärt - und nachdem ich schon alle interessanten Einzelheiten (inklusive einem Stein-Wespen-Nest an einer der Treppen) fotografiert habe schließe ich mich Lutz an - ich habe ja später auf dem Rückweg auch noch Zeit!... Hinter dem Amphietheater führt ein Weg auf eine große Fläche mit Säulen, wo mal eine Kirche gestanden hat. Das Tolle: überall am Weg und auf der Fläche liegen tolle alte Steinteile herum - in Deutschland undenkbar! Aber hier gibt es so viele davon, dass man nicht jeden einzelnen Stein in eine Glasvitrine stecken muss - das bleibt den wirklich kostbaren Teilen vorbehalten, die wir an der nächsten Station - dem Museum - bewundern dürfen.
Von hier aus sehen wir dann auch plötzlich, wie enorm groß das ganze Gelände ist: Da ganz weit hinten kommt ja noch mal ein rieiges Areal mit den Resten einer großen Kirche! Herrlich! Einfach rumlaufen zu können, kaum andere Besucher (die Neon-Gruppe haben wir erfolgreich abgeschüttelt) und bis auf den Zaun rings um das komplette Gelände ist fast nirgendwo etwas eingezäunt oder verboten! Ab und zu ein kleines Absperrband, aber immer nur zum Schutz der Besucher, die dahinter in einen Graben fallen könnten oder so. Alles lädt zum Entdecken und Bewundern ein. Und voller Bewunderung bin ich wirklich! Wenn man bedenkt, wann das Ganze hier entstanden ist, kann man kaum glauben, was die Steinmetze damals schon zu leisten in der Lage waren!
Nach dem Museum geht es also zum Forum, dem riesigen Feld, das wir schon von Weitem gesehen haben. Lutz guckt ein bisschen rum und setzt sich dann in den Schatten einer Säule und ich renne glücklich herum und kann nach Herzenslust fotografieren... Und nette kleine Schneckenhäuser sammeln, die überall herumliegen...
Auf dem Rückweg sticht mir auf dem ansonsten menschenleeren Gelände plötzlich eine große Reisegruppe ins Auge und mir fällt das Amphietheater wieder ein... Ob ich es schaffe, vor denen da zu sein?! Ich hetze also den Berg wieder hoch - keuchend vor Anstrengung. Aber wenn diese Gruppe vor mir da ist, muss ich vermutlich bis nachmittags warten, damit ich ein Foto ohne Menschen bekomme... Bilder von picknickenden Touristen, die es sich in ihren neonfarbenen T-Shirts auf den Treppen gemütlich machen steigen vor meinem geistigen Auge auf... Schneller! Und dann... Puh! Geschafft! Jippie! Erster! Jetzt noch schnell die Treppen hoch... Welche war noch mal die mit den Wespen?!... Das muss jetzt wirklich nicht sein, von wütenden Wespen gestochen zu werden!...
Da stehe ich also: Ganz alleine auf dem Gipfel des Amphietheathers! Und mache wunderschöne Fotos ganz ohne... Mist! Was wollen die beiden Jugendlichen denn da unten?! WEG mit Euch! ... Sie machen Männekes, posen rum und fotografieren sich dabei... Ok, genug geposed! Ihr seid Jungs, Ihr braucht nicht so viele Fotos! WEG mit Euch! Hhmm, jetzt steigen sie auch die Treppe hoch, fotografieren auf der Hälfte wild rum und werfen immer mal wieder einen Blick in meine Richtung... WEEEEGGG! Warten die vielleicht darauf, dass ICH weg gehe?... Ich kann warten! Oooohhhhmmmm... WEEEEEGGGGGG!...
Oooohhhhmmmm...
HAAA! Mein Mantra funktioniert! Und WEG sind sie! Ich bekomme also endlich noch meine Ohne-Menschen-Fotos, lasse glücklich und zufrieden meinen Blick noch mal in die Ferne schweifen und... ein neonblauer Punkt sticht mir sofort ins Auge, der sich da ganz hinten durch die Ebene bewegt... aber auf MEINEN Fotos nicht!
Zurück am Auto gibt es erst mal ein kleines Päuschen; wir essen und trinken eine Kleinigkeit und dann machen wir uns zu unserer nächsten Station für heute auf:
Inzwischen ist es 14:00 und wir wollen noch in ein Flußdelta östlich von Kavalla fahren, wo man schön spazieren gehen kann und es viele Vögel zu beobachten gibt.
Auf dem Weg dort hin meldet sich nach 20 Minuten der Schweinehund:... Spazieren?... sind wir ja heute eigentlich schon genug... und außerdem haben wir grade festgestellt, dass es bis zum Delta noch mal fast 35 km sind... und schwupps: Schnell sind wir uns einig und fahren erst mal runter ans Meer, wo wir mit dem Auto verlassene Wege entlang schlendern - unterwegs treffen wir noch eine Ziegenherde - bis wir auf eine nette kleine Bucht stoßen, wo außer uns nur noch zwei andere Autos stehen: beides Angler.
Rechts sieht man zwar in der Ferne die Industrie von Kavala, aber vor uns liegt das weite Meer und links das Nichts...
Wir holen unsere Sonnenliegen aus dem Kofferraum, die wir immer dabei haben und machen erst mal ein Schläfchen in der warmen Sonne... Ach, das Delta machen wir einfach nächstes Mal!... Herrlich! Das Leben ist doch schön!...
Als ich wieder aufwache, gehe ich noch ein bisschen auf Endeckungstour und siehe da: Ein paar Meter weiter versteckt sich in einem künstlich angelegten Mini-Dschungel ein malerisches kleines blau-weißes Kirchlein... Ich bin begeistert und fühle mich als wäre ich am Ende der Welt gestrandet!
Noch ein Stündchen einfach nur aufs Meer starren und die einsame Bucht genießen und dann machen wir uns langsam auf den Rückweg - und finden noch eine schöne Taverne für ein leckeren Abendessen am Meer...
Übrigens...
Auf der Rückfahrt fällt uns auf, dass an den Straßenrändern überall so weißes Zeug rum liegt... Das ist ... Baumwolle!
Hier gibt es tatsächlich überall große Baumwollfelder und auf der Autobahn begegnen uns jetzt immer wieder LKWs mit Baumwolle! Aus irgendeinem Grund wird die Baumwolle unverpackt transportiert - vielleicht muss sie trocknen? - und so liegen am Wegesrand tausende von kleinen Wattebauschen rum! Witzig!
Morgen geht es weiter nach Alistrati und Timiou Prodromou.
Freut Euch auf Fotos einer fantastischen Tropfsteinhöhle und eines gemütlichen Klosters!
Und hier für die, die es interessiert noch ein paar Infos zu Philippi
Philippi ist eine der bedeutendsten archäologische Stätten in Nord-Griechenland. Ihren Namen bekam sie nach der Eroberung durch König Philipp II. Mitten durch Philippi führte die Via Egnatia die Rom mit Konstantinopel verband wodurch Philippi an einer der bedeutendsten Militär- und Handelsstraßen lag.
Im Jahr 42 v.Chr. fand hier die Schlacht bei Philippi statt, in der Brutus und Cassisus gegen Marcus Antonius und den späteren Kaiser Augustus verloren.
Im Jahr 49/50 n.Chr. gründete der Apostel Pauluus hier die erste christliche Gemeinde in Europa. Von hier aus verbreitete er das Christentum.
Um 619 n.Chr. wurde Philippi durch Erdbeben schwer beschädigt.
Um 850 n.Chr. kam es zu Kriegen mit Bulgaren.
Im Jahr 1204 n.Chr. wurde Philippi von Serben erobert.
Schließlich wurde die Stadt ganz verlassen und in der Zeit der türkischen Besatzung von den Türken als Steinbruch genutzt.
2016 wurde Philippi wegen ihrer Bedeutung als römische Stadt und als älteste christliche Gemeindegründung Europas zum UNESCO-Welterbe.
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